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AutorenbildStephan Grundmann

Bis zu deren Volljährigkeit dürfen Vertragsärzte Vertreter für die Kindererziehung beschäftigen

Das LSG Niedersachen-Bremen hat mit Urteil vom 28.10.2020 entschieden (Az. L 3 KA 31/20), dass Vertragsärzte einen Vertreter oder einen Assistenten für den Zeitraum der Erziehung von Kindern beschäftigen dürfen, die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben.

Damit bestätigte das Gericht die Entscheidung des Sozialgerichts Hannover vom 26.02.2020 (AZ. S 20 KA 6/16). Die Gerichte hatten darüber zu entscheiden, ob eine Vertragsärztin eine Vertretung zur Erziehung ihrer Adoptivkinder nach § 32 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 Ärzte-ZV auch erstmalig zu einem Zeitpunkt genehmigt bekommen kann, in dem die Kinder bereits älter als 14 Jahre sind.

Die beklagte Kassenärztliche Vereinigung vertrat dabei die Meinung, dass unter dem Begriff des „Kindes“ nach § 32 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 Ärzte-ZV in Anlehnung an die Definition in § 1 Abs. 1 JuSchG zur Abgrenzung vom „Jugendlichen“ nur Personen bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres zu verstehen seien. Die Regelung stelle eine Ausnahme zur grundsätzlichen Pflicht eines Vertragsarztes zur persönlichen Leistungserbringung dar und sei dabei nicht über den Wortlaut und den Sinn und Zweck der Vorschrift auszudehnen. Das LSG Niedersachsen-Bremen stellte hingegen klar, dass die Vorschrift im Kontext der gesetzlichen Systematik und der Intention des Gesetzgebers nur so verstanden werden könne, dass aufgrund der Erziehung von Kindern bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres die Beschäftigung eines Vertreters in einem Zeitraum von insgesamt 36 Monaten zu gestatten ist. Der Begriff „Kind“ sei nämlich im Sozialrecht sowohl im biologischen Sinne genutzt – dann ist hierunter ein „junger Mensch“ zu verstehen –, er sei aber auch in anderen Vorschriften genealogisch gebraucht, wenn mit „Kind“ der „Abkömmling" gemeint ist. Demnach sei der Begriff „Kind“ auch im vorliegenden Fall nicht generell auf die biologische Bedeutung zu begrenzen. Da die Regelung auf die „Erziehung von Kindern“ abstelle, müsse nach Ansicht des Gerichts vorliegend die bürgerlich-rechtlichen Regelungen zur Erziehung herangezogen werde. Nach diesen ist die Erziehung des Minderjährigen bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres Aufgabe der Eltern. § 32 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 Ärzte-ZV wolle insofern einen Ausgleich zwischen der elterlichen Pflicht zur Personensorge und der vertragsärztlichen Pflicht zur persönlichen Sicherstellung des Versorgungsauftrages schaffen. Vor diesem Hintergrund sei dann aber davon auszugehen, dass die Erziehung von Kindern auch bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres von der Regelung des § 32 Ärzte-ZV erfasst sei.

Darüber hinaus stellte das LSG Niedersachsen-Bremen dann aber auch im Vergleich der Formulierungen von § 32 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 Ärzte-ZV – „Erziehung von Kindern“ – und „Pflege eines pflegebedürftigen nahen Angehörigen“ nach Nr. 3 klar, dass die Dauer der Vertretung von 36 Monaten pauschal die Erziehung aller Kinder eines Elternteils bis zum 18. Lebensjahr abdecke. Eine andere Auslegung der Vorschrift würde ansonsten zu einer zu umfangreichen Beeinträchtigung des Grundsatzes der persönlichen Leistungserbringung des Vertragsarztes führen. Denn bei der Erziehung von mehreren Kindern könnten sich Eltern sonst regelmäßig sechs oder gar neun Jahre aufgrund von Erziehungszeiten vertragsärztlich vertreten lassen. Bei solchen Zeiträumen könnte dann aber nicht mehr von nur „vorrübergehenden Umständen“ gesprochen werden, die nach ständiger Rechtsprechung die Beschäftigung von Vertretern rechtfertigen können.


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